Liebeskummer……..
Schmerz! Abserviert, Schluss gemacht, einen Korb bekommen, die Beziehung beendet, Scheidung angesprochen, getrennt – wie auch immer es genannt wird:
Da, wo Liebe war, ist plötzlich brennender Schmerz. So hoch der Jubel vorher war, so tief und hart ist jetzt der Fall ins Nichts. Eine Trennung kann sich anfühlen wie Verbrennen bei lebendigem Leib, kann das Selbstwertgefühl niederschmettern und die Einsamkeit unendlich werden lassen. Was für eine intensive Erfahrung! Ein kleines Boot im Sturm, meterhohen Gefühlswellen ausgeliefert, dem Untergang nah.
Was hilft, ist dasselbe wie auf hoher See: die Wellen nicht ignorieren, sondern beobachten und mitgehen. Also die Gefühle fühlen, sich durch die Aufs und Abs tragen lassen und durchhalten, bis es vorbei ist. Ich habe schon viele Verlustopfer erlebt, deren Leben nach einer Trennung ruiniert schien. Alle sind ihren Weg weitergegangen und wieder glücklich geworden. Manchmal hilft eine Prognose, um sich ein „Leben danach“ vorstellen zu können. Hier ist die „Wettervorhersage“ für Liebeskummergeplagte.
Die Phasen des Liebeskummers
Schon vor der Trennung spürt man: Da stimmt etwas nicht. Es ist ein instinktives Ahnen, ein Gefühl von Bedrohung, noch ohne zu wissen, woher die Katastrophe kommt. Bei hoher Intensität, empfindsamen Menschen oder längerer Dauer schlägt sich die Anspannung im Körper nieder und es kommt zu Verspannungen oder sogar zu Krankheiten. Dann folgt der Moment der Klarheit. Psychologen sprechen von vier Phasen der Trauer, vergleichbar mit dem Prozess nach einem Todesfall:
1.) Schock, Nicht-Wahrhaben-Wollen, Lähmung. Während sich die trennungswillige Person gewöhnlich auf diesen Schritt vorbereitet hat, kommt für die verlassene diese Eröffnung häufig aus heiterem Himmel. Eine Welt bricht zusammen, Perspektiven brechen weg und die Welt scheint stehen zu bleiben. Eine Trennung kann sich im ersten Moment existenziell bedrohlich anfühlen. In diesem Zustand des Stehenbleibens sortiert sich das Innere neu und sammelt Kräfte für die ungewisse Zukunft.
2.) Jetzt beginnt der unangenehmste Teil auf dem Weg zum neuen Glück. Intensive Gefühle brechen aus, wie Trauer, Wut, Verzweiflung, Depression und Ohnmacht. Der unerträgliche innere Druck entlädt sich in Tränenbächen. Weniger gesunde Ventile sind die Flucht in Arbeit, Alkohol, Medikamente oder der Inhalt des Kühlschranks. Gerti Senger spricht bei dieser Phase vom „Verhandeln“, um die Lähmung zu überwinden und die Kontrolle zurückzuerlangen. Parallel zu den Gefühlsreaktionen beschäftigt sich der Geist mit
Strategien zum Erhalt der Beziehung. Es noch einmal zu versuchen, einen Aufschub erwirken, das alles sorgt für Zeit in dem Ringen um einen neuen Plan, um eine neue Single-Identität, einen anderen Lebensweg. Je mehr der frühere Partner mit dem Fundament des eigenen Lebens verknüpft war, umso heftiger wackelt das eigene „Haus“ bei diesem Umbau. Doch parallel zu diesen Beben arbeiten die Selbstheilungskräfte auf Hochtouren. Erst wenn das eigene „Überleben“ gesichert ist, ist man in der Lage, einen eigenen Weg zu gehen und zu Schritt 3 zu gelangen.
3.) Verarbeitung. Hier mischt sich der Erkenntnisprozess mit den Emotionen aus dem zweiten Schritt. Ich nenne das Ebbe-und-Flut-Phase, weil der Strand des Lebens mal von wilden Gefühlswellen (v.a. Beschuldigungen, Selbstvorwürfe, massive Einsamkeitsgefühle) und dann wieder von klarer Sicht auf die Spuren des Lebens bestimmt ist. Beliebte Erste-Hilfe-Strategien, um das angeschlagene Lebensfundament wieder zu sichern, sind die Flucht in oberflächliche sexuelle Abenteuer oder in die Geborgenheit des eigenen Bettes. Sich aussprechen zu können (gute Zuhörer gefragt!) hilft und beschleunigt den Prozess.
4.) Im letzten Schritt erfolgt die endgültige Loslösung vom ehemaligen Partner durch Akzeptanz. Auch wenn sich der Schmerz noch unerträglich anfühlen kann, wenn Tränen und tiefe Sehnsucht durchbrechen: Die Tatsache, dass beide jetzt getrennte Wege gehen, gehört zum Leben. Es wird noch klarer, was alles zum Scheitern der Beziehung beigetragen hat, und mit der Trauerarbeit (das Fühlen und Annehmen der auftauchenden Gefühle) entsteht eine neue eigene Perspektive. Jetzt wird die überstandene Erfahrung zur eigenen Kraftquelle. Das Herz ist geheilt und öffnet sich wieder dem Leben. Möglicherweise geht es um intensivere Selbstliebe, um eine neue Liebesbeziehung oder um beides.
Jeder Schritt hat seine eigene Entwicklungszeit. Auch wenn sich fast jede betroffene Person danach sehnt, dass „es schnell wieder vorbei ist“, brauchen die inneren Entwicklungen ihre jeweilige Reifezeit.
Was auch das Leben uns bringt: Wir können reagieren und navigieren, aber wir müssen uns dem stellen, was da ist. Und jetzt wage ich, etwas ganz und gar Ungehöriges zu schreiben. So ungehörig, dass es wahrscheinlich von niemandem gehört werden möchte, der gerade frisch getrennt ist. Es geht um die positiven Seiten, die aus einer Trennung entstehen. Es gibt Momente, da will man so etwas ganz sicher nicht hören oder lesen. Ich verstehe das vollkommen und ermuntere Sie in diesem Fall, einfach den nächsten Abschnitt zu überspringen.
Richard und Lilli erzählten mir Folgendes: Sie trafen sich über Jahrzehnte immer wieder, bevor sie seine Liebe erwiderte. Er hatte zwischendurch eine Ehe geführt, an deren Ende seine Frau ihm das Herz gebrochen hat. Seine Lektion aus dieser harten Erfahrung war:
„Ich kann eine Trennung überleben.“ Richards Gelassenheit, die damit einherging, war essenziell für das Gelingen der jetzigen Beziehung: Lilli ist nämlich eine „Rennerin“, wie sie es nennt. Blitzschnell kann es ihr zu eng werden und sie läuft davon. Anfangs war sie sogar einen Monat lang weg, jetzt sind es oft nur 5 Minuten. Richard wartet geduldig, bis sie so weit ist zurückzukehren, und Lilli spürt, dass sie frei ist und willkommen.
Das ist sicher keine allgemein übertragbare Situation, aber sie zeigt, wie kreativ und flexibel Liebende auf die Eigenheiten des anderen reagieren können und welch gute Auswirkungen die harte Trennungserfahrung in Richards späterem Leben hat.
Trennung und Tod gehören zu den wenig geliebten Erfahrungen und doch können sie zu kostbaren Schätzen in unserem Leben werden. Ich hatte einmal aus Samen Pflanzen in der Wohnung gezogen, die sich prächtig in meiner Küche entwickelten. Kaum war es warm genug, durften die zarten Pflänzchen ihren neuen Platz auf dem Balkon einnehmen. Nach dem ersten Windstoß war die Hälfte abgeknickt und nach einigen Stunden Sonne war der verbliebene Rest verbrannt.
Eine gute Gärtnerin hätte gewusst, dass ich sie hätte vorsichtig abhärten müssen, damit sie sich an die natürlichen Umstände gewöhnen. Eine verarbeitete Trennung macht widerstandsfähig und reif. Sie hilft dabei, das Leben mutiger anzugehen, bei Bedarf schneller wieder aufzustehen und in der Folge mehr Handlungsspielraum zu haben.